Seit über zwei Jahren fahre ich nun beruflich quer durch Deutschland. Dabei nutze ich zu etwa 80% die Bahn und nur dort wo es absolut keinen Sinn macht nutze ich ein Auto.
Während man im Auto zwar angeblich frei und flexibel ist, steckt man doch gar viel zu oft in Staus oder an roten Ampeln. Einziges Plus währe eventuell seine „eigenen vier Wände“ in denen man alleine über das Unterhaltungsprogramm wie Radio, CD, etc. entscheiden kann. – Das wars dann aber auch schon.
Bei der Reise mit der Bahn ist vieles entspannter. Vorausgesetzt man hat einen reservierten Sitzplatz kann mann entspannt arbeiten, Musik hören, essen und trinken gehen oder mit wildfremden Menschen ins Gespräch kommen. Dabei legt man fast unbemerkt die Strecke zurück und kommt entspannt zum nächsten Termin.
Allerdings bekommt man mit der Zeit auch immer mehr die verfehlte Bahnpolitik mit der Gründung der Deutschen Bahn AG zu spüren.
Überfüllte Züge sind an der Tagesordnung, zu wenig Personal in den Zügen, die oftmals der Passagierflut nicht Herr werden und sich statt dessen lieber hilflos im Zugbegleiterabteil verbarrikadieren, usw. – Entspannt Reisen sieht anders aus.
Service und geniesen im Bordrestaurant bzw. meist nur noch Bordbistro ist längst Vergangenheit. Heute werden Mahlzeiten von „Starköchen“ im Steamer zubereitet und gegessen wird am Bistrotisch oder im sogenannten „Restaurant“ mit unschönen Standard-Reisesitzbestuhlung der Bahn. Ein Fastfood Restaurant ist diesbezüglich nicht schlechter.
Richtig unangenehm wird es in den Zügen der Deutschen Bahn AG beim Gang zur Toilette. War in alten InterCity-Zügen oder im ICE1 noch das WC relativ geräumig, kommt man sich in den neueren ICE-Generationen eher vor wie im Flieger oder Wohnwagen. Hat man dann mehr oder weniger erfolgreich sein Geschäfft erledigt kommt die große Herausforderung; Hände waschen. Hat man das Glück sowohl Seife als auch fliesend Wasser vorzufinden, ist dies nur die halbe Miete. Spannend wird es erst beim Versuch sich die Hände zu trocknen. Vorausgesetzt Papierhandtücher sind überhaupt vorhanden werden die frisch gewaschenen Hände wieder dreckig beim Griff zu den Tüchern oder beim Versuch die Tücher ohne Berührung in den Abfallbehälter zu werfen. Desinfektionsmittel sucht man übrigens vergebens. Setzt man sich danach wieder an seinen Platz, besonders in der 2. Klasse, freut man sich bald lange Beine zu haben. Wobei 1,86m heute eher der Durchschnitt als die Ausnahme sein dürfte. Den Sitzabstand hat die Bahn beim ReDesign der Flotte freundlicher Weise einfach mal verringert um noch ein paar zusätzliche Sitzplatzreihen pro Wagen zu gewinnen. Die Folge: Von Komfort kann keine Rede mehr sein! Da freu ich mich schon auf die nächste Icx-Generation. Die Bahn hat schon heute stolz verkündet mit noch etwas weniger Beinfreiheit auszukommen. Hatte man bisher noch vereinzelt die Chance ein Abteil vorzufinden und sich auf diese Weise etwas mehr Ruhe und Reisekomfort zu gönnen, wird auch dies der DB-Viehtransporter-Politik zum Opfer fallen. Abteile wird es in der neuen ICx-Generation nicht mehr geben.
Alles Schritte um das Reisen mit der Bahn nicht wirklich attraktiver zu gestalten, sondern lediglich um den Gewinn zu maximieren. Der Bahnkunde ist dabei zweitrangig und eher ein Störfaktor.
Der Bahnreisende muß nach DB-Definition scheinbar auch außer einer Handtasche kein Gepäck mit sich führen. Haben sich Koffer und Taschen durch Hartschalen etc. in den Jahren eher vergrößert, so wurden die Gepäckablagen in gleichem Zeitraum immer kleiner und weniger. Größere Gepäckstücke sind in der Regel heute gar nicht mehr in die oberen Gepäckablagen oder sonst wo zu verstauen. All zu oft stehen diese daher nervig in den ohnehin sehr engen Gängen herum.
Ich möchte gar nicht auf die Probleme der fehlenden Barrierefreiheit im Zug etc. eingehen. Das allein wäre ein eigener Artikel wert.
Hat man sich mehr oder weniger mit all dem abgefunden und schaut aus dem Fenster (wenn man nicht gerade einen Platz zwischen den Fenstern erwischt hat) kann man dem Spar-Wahn der Spar-Bahn weiter zusehen.
Ehemalige Bahnhöfe die zum Haltepunkt herabgestuft wurden oder werden, zweite oder dritte Gleise die Stillgelegt oder zurückgebaut wurden, Zwangshalte auf freier Strecke um Gegenzüge passieren zu lassen usw…
Da fragt man sich schon wohin will die Deutsche Bahn AG und wohin sollte sie. Wäre es nicht sinnvoller flächendeckend ein vernünftiges Bahnangebot zu haben als nur wenige „Top-Strecken“ die längst nicht mehr die Bedürfnisse der heutigen Mobilität bedienen zu fördern? Ein paar Hochgeschwindigkeitsstrecken statt ein gesamtes Netz das zügig voran kommt (Durchschnittsgeschwindigkeit statt Höchstgeschwindigkeit)? Reisen das immer mehr stresst als entspannt?
Ist das die Zukunft der Bahn die wir uns vorstellen? Die wir brauchen?
Das es auch anders geht zeigt uns zum Beispiel unser direkter Nachbar – die Schweiz.
Die Schweiz hat keine Hochgeschwindigkeitsstrecken, dafür aber ein verzahntes Mobilitätskonzept (ITF) das sicher stellt das man von jedem Ort jedes Ort der Schweiz mit dem öffentlichen Verkehr nahtlos erreicht.
So kommt man mit dem IC beispielsweise von Stuttgart über Singen nach Zürich, bekommt dort sofort den Anschluß-IC nach Chur. In Chur steigt man dann je nach Ziel in einen der wartenden Postbusse oder in einen der wartenden Nahverkehrszüge. In Chur warten alle Nahverkehrszüge und Postbusse bis alle Fern- und Nahverkehrszüge angekommen sind und genügend Zeit war das jeder Reisende umsteigen konnte. Danach fahren Fernverkehrszüge und kurz darauf die Nahverkehrszüge und Postbusse aus Chur ab. Einzelne Reiseabschnitte sind dabei vielleicht langsamer, jedoch das gesamte Netz ist schnell, stabil und damit zuverlässig – Also pünktlich.
Trotz aller Widrigkeiten bei der Deutschen Bahn AG werde ich auch Morgen wieder mit der Bahn reisen – aus Überzeugung!
Lies dir mal aufmerksam meine 30 Gründe durch. Du wirst schnell sehen, dass Herr Meyer ein „guter“ Lehrling bei der DB und Mehdorn war. Leider.. und das, nach dem ich meine „BC 100“ (ak GA) seit den 90er Jahren fast durchgängig hatte.
http://www.bloggerin.com/30-grunde-den-ov-zu-meiden/