Nach der Wahl ist vor der Wahl

Über 415 Tausend Stuttgarter hätten gestern wählen gehen dürfen. – Ja, richtig gehört. Hätten.
Lediglich 46,7 % haben aber tatsächlich von ihrem Wahlrecht bzw. von ihrer Bürgerpflicht gebrauch gemacht! Ein ziemlich ernüchterndes Ergebnis nach all dem „Bürger“, „Demokratie Experiment“, „Bürger mitnehmen“ etc. pp. Hätte man doch davon ausgehen müßen, daß dadurch ganz Stuttgart wählen geht.

Nun muß man aber feststellen, daß nahezu jedem zweiten wahlberechtigtem Stuttgarter die Stadt in der er lebt ziemlich egal zu sein scheint. Klar sind ein paar im Urlaub und haben vergessen Briefwahl zu machen, klar sind einige spontan erkrankt und konnten nicht vor Ort wählen gehen; aber all das kann keine Entschuldigung für diese magere Wahlbeteiligung zu sein. Und wir können uns sicher sein das der OB Kandidat Turner nach alter CDU-Manier in den Alten- und Pflegeheimen auf Stimmenfang war.

Das vorläufige Endergebnisses war gestern für mich auch eher keine Überraschung.
Kuhn 36,5 %; Turner 34,5 %; Wilhelm 15,1 %; Rockenbauch 10,4 %
Meiner Einschätzung nach war Kuhn und Turner gleich auf. Lediglich hoffte ich das Rockenbauch noch vor Wilhelm landen würde. Aber auch so bin ich damit ganz zufrieden. Ein zweistelliges Ergebnis für Rockenbauch ist sensationell! Zum ersten Mal angetreten und mit guten 10 % abschneiden bestätigt das diese Art der Stadtpolitik in Stuttgart Zustimmung findet!

Allerdings reichen 10 % natürlich eher nicht für das Amt des Oberbürgermeisters und man kann wahrscheinlich ausschließen das Kuhn zu Gunsten Rockenbauch nicht mehr zum zweiten Wahlgang antreten wird.

Und nun?
Tja, hier scheiden sich nun die Geister.
Klar ist das Turner kein Oberbürgermeister werden darf!
Klar ist das Rockenbauch es nicht werden kann.
Klar ist das Kuhn auch zum zweiten Wahlgang antreten wird.
Leider ist auch klar das Turner zum zweiten Wahlgang antreten wird.
Unklar ist ob Rockenbauch nochmal zur Wahl stehen wird und ob er eine Wahlempfehlung geben wird.
Unklar ist ob Wilhelm nochmal zur Wahl stehen wird und ob sie eine Wahlempfehlung geben wird.
Unklar ist was die „Rockenbauch“-Wähler machen werden.

Im Württembergischen Kunstverein steht seit dem ersten Wahlgang eine Gläserne Urne. Hier möchte man Leuten die Möglichkeit geben ihre Stimme symbolisch gegen diese Wahl abzugeben ohne das diese als reine Nichtwähler oder ungültige Stimmen gesehen werden. Es soll ein Zeichen sein.

Einige die Rockenbauch wählten würden ihre Ideale, ihre Ziele etc. verraten sehen wenn sie im zweiten Wahlgang plötzlich Kuhn wählen würden. Oft wird dabei mit der Enttäuschung nach der Landtagswahl argumentiert. Ja, ich denke auch das die Grünen nachdem sie an der Macht sind alles tun um auch an der Macht zu bleiben. Dabei vergisst man schnell mal die (Wahl)Versprechen vor der Wahl.

Aber was sind die Alternativen?
– Turner wählen?
Sicher nicht! DAS kann niemand ernsthaft wollen.
– Wilhelm wählen?
Warum? Nur um den anderen eines auszuwischen? Sicher keine gute Alternative.
– Rockenbauch wählen um trotzdem ein Zeichen zu setzen?
Ich habe ihn auch aus voller Überzeugung gewählt. Ich denke seine Ideen und seine Art würden der Stadt wirklich gut tun. Allerdings wird er leider definitiv keine reelle Chance auf dieses Amt haben. Daher würde ich
– Kuhn wählen?!
Schon im ersten Wahlgang haben sehr viele auf Kuhn gesetzt. So viele, daß nun der Ober-Brezelmeister Turner sich am Wahlabend schon nicht mehr als Sieger gesehen hatte und nur noch meinte das „es doch besser als die Prognosen“ sei.
Ja, ich finde Kuhn ist sicher nicht DIE Lösung. Aber ich, für mein Teil, entscheide mich dann lieber für Pest statt Cholera bevor ich die Pest bekomme, aber dafür mit mir im reinen bin.
Ja, Politik ist hart, ja Politik ist manchmal unfair und ja Politik ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Aber die Erde dreht sich weiter. So, oder so.

Wie sich der Einzelne entscheiden wird, bleibt jedem selbst überlassen.

Ich werde Kuhn wählen.
Die Chancen stehen gut damit keinen (möchtegern)Werbefutzi Turner als OB für Stuttgart zu bekommen. Zudem ist Grün, wenn auch in BaWü ziemlich schwarzes Grün, immernoch besser als eine Grinsebrezel die ihren Arsch im Rathaus breit sitzt und eine Wirtschaftspolitik die überhaupt nichts mehr mit sozial zu tun hat vorantreiben möchte!

Alle Infos zur OB-Wahl auf Stuttgart.de

2 Gedanken zu „Nach der Wahl ist vor der Wahl

  1. Floyd

    Im letzten Absatz schreibst du:

    „Ich werde Kuhn wählen.
    Die Chancen stehen gut damit einen (möchtegern)Werbefutzi Turner als OB für Stuttgart zu bekommen.“

    Wieso stehen da die Chancen gut, einen Turner als OB zu bekommen? 😉 Weiterhin glaube ich, dass zum zweiten Wahlgang mehr Bürger ihre Stimme abgeben werden. Ich habe z.B. mein kleines Kind den Wahlzettel ausfüllen lassen, weil klar war, dass es zu einem zweiten Wahlgang kommen wird. Die Medien schreiben es den Bürgern schon vor: macht locker, das gibt noch einen Wahlgang.

    Was nun besser ist muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich werde beim zweiten Wahlgang selbst ankreuzen. Und Turner wird es nicht sein. Wer es seiin wird? Mal sehen, welche Kandidaten noch dabei sind.

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    1. André Beitragsautor

      Hoppala, da haben sich wohl erste Sparmaßnahmen in meinem Satz eingeschlichen. Natürlich sollte es heißen: “Ich werde Kuhn wählen.
      Die Chancen stehen gut damit keinen (möchtegern)Werbefutzi Turner als OB für Stuttgart zu bekommen.” – Habs gleich mal korregiert.

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