Stadt Stuttgart verhängt erste „No-Go-Area“

Es ist schon ein seltsames Geschehen was da im Rahmen von Stuttgart 21 so vor sich geht.

Vor drei Jahren glaubte ich mich noch in einem Rechtsstaat und vor allem in einer funktionierenden Demokratie zu bewegen. Beschäftigt man sich aber damit genauer, bzw. muß diese tatsächlich mal in Anspruch nehmen ernüchtert man doch all zu schnell.

Ein (Staats-)Unternehmen tanzt der Regierung auf der Nase rum, täuscht und trickst nachweislich und dennoch darf dieses Unternehmen weiter schalten und walten wie es ihm beliebt. Noch besser: Es wird bei illegalen Aktionen sogar noch durch den Apparat wie Polizei etc. geschützt bzw. teils gar unterstützt.

Neuestes Glanzstück: mittlerer Schloßgarten
Der Stuttgarter Schlosspark war ein Geschenk von Königin Katharina und König Willhelm an das Stuttgarter Volk. Er ist ein rund 40 Hektar großer Park, der mit vielen Reglementierungen (ab ca. 1808) der Bevölkerung als Volksgarten zur Verfügung gestellt wurde. Nach dem Ende der Monarchie kam der gesamte Schloßgarten als Krongut in staatlichen Besitz.
Große Veränderungen erfuhr der Park in den Jahren 1961 und 1977. Beide Male wurde er für die Bundesgartenschau, jeweils unter großem Protest der Bürger, erheblich umgestaltet. Trotz allem aber wurde immer darauf geachtet den Bestand der mehreren hundert Jahre alten Bäume zu wahren.
Selbst in beiden Weltkriegen wurden bei größt denkbarer menschlichen Not die ehrwürdigen Bäume verschont und nicht als Bau- und Brennmaterial verwendet.

Nachdem also Jahrhunderte lang die Stuttgarter Bürger ihren Park und dessen Bäume hegten und pflegten spielt sich nun die Deutsche Bahn AG als Rambo auf. Diesmal mit dabei: Die Landesregierung und die Stadt Stuttgart. Zusammen wird der gesamte mittlere Schloßgarten durch eine Allgemeinverfügung zur Anordnung eines Aufenthalts- und Betretungsverbots und zur Räumung des Zeltlagers für Teile der Mittleren Schlossgartenanlagen in Stuttgart quasi zur „No-Go-Area“ erklärt.

Der Der Begriff „No-go-Area“ (deutsch etwa Tabu-Zone) entstammt der Militärterminologie und steht dort für militärisches Sperrgebiet. In etwa trifft dies genau das was sich wohl ab Anfang Januar im mittleren Schloßgarten abspielen soll. Passend als Ergänzung lies die Regierung, bzw. die Polizei für unliebsame Bürger am Cannstatter Wasen eine Gefangenensammelstelle aus Containern errichten.

Schaut man sich die „No-Go-Area“ an fallen einem einige Dinge sofort ins Auge:
– Café Nil nicht mehr zugänglich: wird das geschlossen?
– Biergarten: wird der geschlossen?
Es hieß immer er bliebe offen.
– Planetarium: wird das geschlossen?
Es hieß immer er bliebe offen.
– Verbindung für Fußgänger und Radfahrer
vom unteren- zum oberen Schloßgarten?
So praktisch unmöglich!
– Das GWM-Gelände: ist nun als frei zugängliches Gelände im Plan
– etc. pp.

Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern
Der Deutschen Bahn AG betonte immer das ihr das Ergebnis der Schlichtung sehr wichtig sei und erinnerte auch immer wieder die Projektgegner daran.
Dies scheint nun nicht mehr der Fall zu sein. Zur Erinnerung:
Heiner Geißler sprach in seinem Schlichterspruch:
Punkt 10:
„Ich kann den Bau des Tiefbahnhofs nur befürworten, wenn entscheidende Verbesserungen an dem ursprünglichen Projekt vorgenommen werden, also aus Stuttgart 21 ein Stuttgart 21 PLUS wird.“ sowie:
Punkt 11.2:
„Die Bäume im Schlossgarten bleiben erhalten. Es dürfen nur diejenigen Bäume gefällt werden, die ohnehin wegen Krankheiten und Altersschwäche in der nächsten Zeit absterben würden. Wenn gesunde Bäume durch den Neubau existenziell gefährdet sind, werden sie in eine geeignete Zone verpflanzt und nicht umgesägt“ (Seiten 42, 43)

Nun, kurz nach dem Volksentscheid, kommen immer mehr Wahrheiten der Deutschen Bahn AG zum Milliardengrab Stuttgart 21 ans Tageslicht.
Es ist nun offiziell, das von 176 Bäumen lediglich 68 kleinere Bäume verpflanzt werden sollen.
Für die restlichen Bäume, also genau die Jahrhunderte alten Platanen, Kastanien etc. soll die Fällung bevor stehen. Eine Verpflanzung dieser Giganten sei zu teuer und würde zu großen Schäden im Park führen. Ein Witz wenn mann bedenkt das an gleicher Stelle danach für die Deutsche Bahn AG jahrelang eine rießige Baugrube eingerichtet werden soll und diese demnach keine großen Schäden im Park anrichten würde!
Ach! Ich vergas zu erwähnen das man sich vorstellen könnte zwei oder drei der ehrwürdigen Zeitzeugen innerhalb des Parkes als eine Art des symbolischen Aktes dennoch zu verpflanzen. Auch ist es leider überhaupt kein Trost das Stadt und Deutsche Bahn AG die Baumgiganten nicht schreddern, sondern zu Kunstwerken oder Spielgeräten werden lassen möchten. Ein wahrer Hohn!

Es steht uns also ein sehr trauriger und wahrscheinlich brutaler Jahresstart 2012 bevor.

Links:
Schlossgartenfreiheit
Wikipedia Schloßgarten Stuttgart
Mittlerer Schlossgarten – Zeltlager muss geräumt werden
Schlichtungsverfahren zu Stuttgart 21
Mehr als hundert Bäume müssen wohl gefällt werden
Schlossgarten-Bäume ziehen im Stadtgebiet um
Geschichte der königlichen Anlagen

3 Gedanken zu „Stadt Stuttgart verhängt erste „No-Go-Area“

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