Wenn man Bilder oder Berichte aus Spanien, China oder anderen Ländern in den Nachrichten sieht ist man zuerst einmal empört über die Einschränkungen der Pressefreiheit vor Ort. Wir schütteln den Kopf weil es teilweise fast unmöglich zu sein scheint journalistische Informationen zu bekommen.
Aber sind wir in Deutschland selbst besser?
In Deutschland ist die Pressefreiheit im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 verankert.
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“
Tatsächlich wurde z.B. in Ungarn durch die Regierung die Pressefreiheit eingeschränkt. Hierzulande blockiert dieses Recht nicht der Staat, sondern zunehmend die Presse selbst!
In den Redaktionen der Deutschen Verlage und Agenturen wird immer mehr gespart. Journalisten sollen zu Dumpinglöhnen arbeiten was die aktuelle Tarifrunde Print 2011 zeigt.
Wen wunderts das angesichts solchen persönlichen Einschnitten die redaktionelle Arbeit darunter leidet?
Viele Redaktionen meinen sparen zu können indem sie einen Nachrichtendienst wie z.B. dpa, dapd, dts, etc. abonnieren und dessen Meldungen z.B. auf ihren Web-Portalen veröffentlichen.
Mit genau diesem Schritt verliert aber die Presse ihre Glaubwürdigkeit!
Da Agentur-Ticker für Redaktionen sehr kostspielig sind werden aus Einspargründen oftmals nur der Dienst einer Agentur gekauft. Schon das allein macht die entsprechende Redaktion abhängig! Sie glaubt nämlich automatisch den Informationen die über diesen Nachrichtendienst verteilt werden. Natürlich wäre zumindest ein weiterer Nachrichtendienst als Quelle von Nöten um sich überhaupt als Redaktion eine Meinung zu den Themen bilden zu können.
Aber man möchte ja hauptsächlich an den Redaktionen sparen.
Also an den Leuten die genau das tun sollten. Nachrichtenmeldungen vergleichen, bewerten und am besten zusätzlich noch selbst recherchieren!
Dann, und nur dann, kann eine Presse von sich behaupten unabhängig zu sein und die Pressefreiheit zu schützen!
Ein aktuelles Beispiel lieferte uns vor Kurzem die Deutsche Presse Agentur (dpa) zum Thema EHEC. Sie schickte Abends folgende Meldung an ihre Abonnenten und eine erschreckend hohe Zahl von Redaktionen übernahm diese ungeprüft z.B. auf ihre Web-Portale etc.
dpa: Viele EHEC-Tote werden nicht ganz gesund (Danke @larswienand, RZ)
Ein weiteres trauriges Beispiel liefern uns seit Monaten die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung.
Eindrucksvoll am Beispielthema Stuttgart 21 zu sehen.
Bei diesem Deutschland weit hohe Beachtung findenden Thema hätten sich beide Redaktionen in der Deutschen Medienlandschaft durch ihre Berichterstattung hervorheben können.
Doch weder die Stuttgarter Zeitung als Überregionales Blatt, noch die Stuttgarter Nachrichten als lokale Größe glänzen hier.
Im Gegenteil! Statt ihre örtliche Nähe zu nutzen um Hintergrundrecherchen zu machen, Bild- und Tonmaterial zu produzieren werden große Teile der Berichterstattung zu diesem Thema über Agenturen (meißt dpa) zugekauft.
Traut sie ihren eigenen Journalisten nicht mehr zu, oder möchten die Häuser um Teufel komm raus Geld und Redakteure einsparen?
Ein Journalist beschreibt sich sicher nicht damit Agenturmeldungen in einen Beitrag aneinander zu kopieren, oder den Haken zu setzen „dpa veröffentlichen“ etc.
Gerade bei solch einem großen, lang andauernden Thema hätten sich die beiden Häuser in der Medienlandschaft positionieren können. Sie hätten für andere Redaktionen Ansprechpartner werden können!
Aber sie haben ihre Chance vertan. Schlimmer noch: Sie haben sich unglaubwürdig gemacht!
Wenn selbst Redaktionen die vor Ort sein könnten, lieber einen Redakteur einsparen und statt dessen lieber eine zugekaufte Agenturmeldung benutzen, dann ist ihre Glaubwürdigkeit, auch ihre Unabhängigkeit, im Auge der Leser dahin!
Besipiel:
24.06.2011, 14:23 Uhr
Stuttgarter Nachrichten: Marktplatz: S21-Bürgergespräch mit Minister Hermann
24.06.2011, 14:23 Uhr
Stuttgarter Zeitung: Marktplatz: S21-Bürgergespräch mit Minister Hermann
Und aus genau diesem Grund habe ich mein Abo bei den Stuttgarter Nachrichten gekündigt.
(zur Nachahmung empfohlen – auch bei anderen Agenturtickerabschreiberblättern)