Wie bisher bei jedem Polizeieinsatz ist auch diesmal nahezu alles über die Vorbereitungen und vor allem zu dem geheimgehaltenen Termin durchgedrungen.
Das Polizeipräsidium Stuttgart ist nun wieder einmal in einer Zwickmühle; Den Einsatz verschieben, oder einfach durchziehen. Verschieben geht praktisch nicht, da der Polizei die Bahn und die bald beginnende Vegetationsperiode im Nacken sitzen. Also heißt es auch bei diesem Mal wieder: Katz und Maus spielen.
Das Polizeipräsidium Stuttgart versucht nun in einem ersten Schritt mit Hilfe von Pressemitteilungen die Gegner wieder einmal zu kriminalisieren. Man verspricht sich scheinbar davon möglichst viele Gegner vor einer Teilnahme an Aktionen des zivilen Ungehorsams abzuhalten, ja gar einzuschüchtern!
Ziviler Ungehorsam als solcher ist im deutschen Recht weder eine Ordnungswidrigkeit noch ein Straftatbestand!
Wie sich das in einer Pressemitteilung des Polizeipräsidium Stuttgart vom 9.2.12 anhört sei hier kurz aufgeführt. Besonders sei auf die Wortwohl zu achten!
Schon die Überschrift soll Angst machen:
„Deutlich gestiegene Emotionen sowie Radikalisierung bei Teilen der Projektgegner erschweren das Deeskalationsprinzip der Polizei und erfordern eine Anpassung des Einsatzkonzeptes“
Hier wird wegen der (verständlicher Weise) erhöhten Emotionen (es geht um uralte, gesunde Bäume) quasi angekündigt von einem friedlichen Einsatz abzusehen und eine härtere Gangart einzuschlagen.
Kurz darauf folgt ein Zitat des Polizeipräsidenten Thomas Züfle indem er direkt die Parkschützer anspricht:
„In einschlägigen Internetforen, allen voran auf der Seite der Parkschützer, aber auch auf der Straße, ist eine Abkehr von rechtsstaatlich tolerablen Widerstandsformen und der Aufruf hin zu mehr Härte feststellbar“
Das Selbe könnte man auch von manch Facebook-Posting der sogenannten „Befürwortern“ sagen, macht er aber bewußt nicht.
Lediglich mit diesem Satz hat das Polizeipräsidium in ihrer Pressemitteilung absolut recht:
„Mit Blick auf einen friedlichen Einsatzverlauf sei die hohe Emotionalisierung von großen Teilen der Projektgegner ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor.“
Hier ist die Einschüchterung aber lange nicht an ihrem Höhepunkt angelangt. Nun wird in zwei großen Absätzen an sogenannten „Beispielen“ vorgeführt welch kriminelle Energie die Gegner des Milliardengrabes Stuttgart 21 haben:
„Am Donnerstag, dem 26.01.2012, gegen 18.30 Uhr, wurden zwei uniformierte Polizeibeamte im Umfeld einer Versammlung im Mittleren Schlossgarten von etwa 50 Teilnehmern beleidigt, bedrängt, geschubst und zum Zurückweichen gezwungen.“
Ja, unsere Polizei ist echt arm drann, jetzt wird sie schon geschubbst. Früher wurde sie wenigstens nur bespuckt. Lächerliche Vorwürfe wenn mann seit Anfang an dabei ist und auch Auseinandersetzungen in anderen Städten wie Hamburg oder Berlin kennt.
Weiter gehts, dabei ist das Beispiel weniger wichtig, vielmehr auch hier die Wortwahl:
„Überheblichkeit und einem zutiefst antidemokratischen Verhalten … Beamte, die ausgestiegen waren, sind von der Menge bedrängt, beleidigt und geschubst worden. Ob der zahlenmäßigen Übermacht und dem fanatischen Verhalten der Gegner haben sich die Beamten schließlich zurück gezogen.“
Nachdem also hier den Gegnern Angst gemacht und der Bevölkerung eingetrichtert werden soll wie gefährlich diese sind wendet man sich nun an die Autofahrer in Stuttgart:
„Unbeteiligte Autofahrer und Linienbusse werden behindert … Aufgebrachte Autofahrer mussten zum Teil von der Polizei beruhigt werden.“
Hier sei lediglich erwähnt das es nicht so schlimm gewesen sein kann, wenn die Polizei lediglich beruhigend auf die Verkehrsteilnehmer einwirken mußte. Also waren die Gegner ja friedlich!
Nein, wir sind immer noch nicht am Höhepunkt angekommen. Bei dieser Überschrift mußte ich lachen:
„Antikonfliktteams werden nicht mehr gehört“
Jetzt geben die sich schon solche Mühe, stellen extra leuchtende Hinweise auf, hängen Transparente auf und haben sich eine Laufschriftanzeige an ihren Lautsprecherwagen gekauft mit Hinweisen wo man einen Polizeikessel verlassen darf etc. und trotzdem möchte niemand mit denen spielen. Es hilft halt nicht einfach nur ein blaues oder gelbes Westle über zu ziehen um dann von sich behaupten zu können man sei ein sogenanntes „Antikonfliktteam“. Besonders nicht, wenn man die Gesichter ohne das Westle bei Einsätzen ganz anders kennen lernen konnte…
Die Gegner haben für solche Fälle übrigens extra geschulte Mitstreiter, die bei Aktionen für den Polizeikontakt zuständig sind.
Es geht immer noch weiter:
„Teile der Projektgegner, so die Erkenntnisse der Polizei, bereiten sich akribisch auf den Widerstand gegen die Räumung des Mittleren Schlossgartens vor“
Gleiches Recht für alle! Die Polizei bereitet sich ja auch vor.
„Der „Verteidigungswille“ für das Lager ist in den einschlägigen sozialen Netzwerken vielfältig…“
Unser Widerstand ist und war schon immer vielfältig!
Würde man sich auf so etwas im Widerstand nicht vorbereiten, wäre beispielsweise sicherlich auch das AKW Wyhl gebaut worden. Auch hier konnte das nur durch andauernden zivilen Ungehorsam erreicht werden.
Zum Ende der Pressemitteilung spricht das Polizeipräsidium Stuttgart dann noch folgendes:
„Verrohung der Sprache“
Naja, wer im Glashaus sitzt… (siehe diese Pressemitteilung, den Begriff D-Day, etc.)
„Die Schlussfolgerung eines erfahrenen und in zahlreichen Stuttgart 21-Einsätzen erprobten Einsatzbeamten lautete dieser Tage: „Aus manchen Wutbürgern sind Hassbürger geworden“.“
Da hat scheinbar mindestens ein Polizeibeamter einmal eine richtige Lageeinschätzung abgegeben.
Eigentlich wollte ich nur kurz etwas zu dieser sogenannten „Pressemitteilung“ schreiben und nun ist es doch mehr geworden.
Ich versuch ja immer die Polizei irgendwie zu verstehen und deren Handeln zu verstehen, doch leider gelingt mir das mit dem Hintergrund Stuttgart 21 immer weniger.
Es ist zwar relativ plump und pauschalisiert zu stark, jedoch kann ich immer mehr diesen Ausdruck verstehen:
Die ganze Pressemitteilung gibt es hier nachzulesen.
Update, 20:15 Uhr:
Auch ein toller Bericht dazu bei Zwuckelmanns Meinung
Update, 10.2. 11:20 Uhr:
Die Polizei setzt heute ihrer Pressemitteilung von gestern noch eines drauf!
Bei der heutigen friedlichen Aktion der S21 Gegner wurde ein Teilnehmer wegen „schwerer Körperverletzung mittels einer Wasserpistole“ erkennungsdienstlich behandelt.
Interessant ist ja, dass am Schwarzen Donnerstag kein Führer der Wasserwerfer für das gleiche „Vergehen“ in irgend einer Form geahndet wurde…
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Schlimm diese Blogs. Damit kann echt jeder seine Grütze der Welt mitteilen. Deine Kritik an der Presseerklärung und Rechtfertigung der Handlungen der S21 Gegner wirken wie von einem kleinen, trotzigen Kind geschrieben.
Pingback: Züfle erleichtert über friedlichen Polizeieinsatz
Pingback: 9.2.2012 #s21 Die Polizei rechtfertigt schon jetzt ein hartes Vorgehen #cams21 #s9000 | Zwuckelmanns Meinung