Es ist Montag, ein Tag nach dem ersten Volksentscheid (nach 1971) im Land Baden-Württemberg. Irgendwie ein guter Tag, irgendwie auch nicht.
3,68 Millionen Menschen haben sich am Sonntag in die Wahllokale aufgemacht ihre Stimme zum S 21 Kündigungsgesetz abzugeben. Das waren gerade mal 48,3 Prozent der Wahlberechtigten. Im Vergleich dazu waren es bei der Landtagswahl 2011 immerhin noch 66,3 Prozent die ihr Kreuz gemacht hatten.
Trotz dieser relativ einfachen Antwortmöglichkeiten haben doch erschreckende 15.000 Wähler den Stimmzettel in der Wahlkabine ungültig werden lassen. Das spricht nicht gerade für ein Land der Dichter und Denker…
Also allein zahlentechnisch leider kein wirklicher Erfolg der direkten Demokratie.
Wenn du eine weise Antwort verlangst,
musst du vernünftig fragen.
Johann Wolfgang von Goethe
Das Ergebnis kennen wir alle:
Ja-Stimmen: 1.509.264 (41,2 Prozent)
Nein-Stimmen: 2.157.931 (58,8 Prozent)
Ja, damit hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Klar war, daß man das Quorum in Baden-Württemberg nur mit Hilfe eines Wunders schaffen würde. Mit diesem Quorum ist praktisch nichts zu gewinnen; Es ist ein Papiertieger, mehr nicht. Für echte, direkte Demokratie nicht zu gebrauchen.
Man mag sich über dieses Ergebnis dieses Volksentscheides daher freuen oder ärgern. Fakt ist: Es ist nunmal da und es ist vom Bürger.
Wahlen allein machen noch keine Demokratie.
Barack Obama
Allerdings muß man das ganze auch etwas relativieren.
Es ist schon interessant wie sich ein Ergebnis hin und her interpretieren lässt. Klar: 60:40 klingt erst einmal mächtig. Ist es das auch? Mit nichten!
Es besagt ja das mehr als ein Drittel, fast sogar die Hälfte, der Baden-Württemberger gegen Stuttgart 21 und für das S 21 Kündigungsgesetz waren. Dabei von starken Mehrheiten und Siegern zu sprechen ist da schon sehr vermessen und wird zu einer „Befriedung des Konfliktes“ sicher nicht beitragen.
Es ist auch toll das die Bahn und die Befürworter (also Nein-Sager) gleich nach bekannt werden des Ergebnisses plötzlich davon sprachen das dies eine Entscheidung für oder gegen Stuttgart 21 gewesen sei.
Vor der Wahl wurde aus diesen Kreisen immer mit Nachdruck darauf hingewiesen das es lediglich um den Finanzierungsanteil des Landes bei dem Projekt ginge und nicht um das Projekt selbst.
Es wurde also dafür gestimmt das das Land Baden-Württemberg bis zum Kostendeckel von 4,526Mrd. Euro in der Finanzierung bleibt. Darüber hinaus, ist einvernehmlich zwischen Bund, Landesregierung und Stadt geregelt worden, werden keine weiteren öffentlichen Gelder für Stuttgart 21 eingesetzt.
Genau so sehe ich das auch. Der Bürger war am Sonntag dazu aufgerufen zu entscheiden ob das Land in der Finanzierung zu Stuttgart 21 bleiben oder aussteigen soll. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Das dies so ist hat auch der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg nach der Wahl und nach dem Anerkennen der Wahlniederlage in der Sache nocheinmal ausdrücklich klar gestellt:
Wenn es teurer wird, muss die Bahn zahlen.
Winfried Kretschmann
Das der Bahn das Ergebnis des Volksentscheides vollkommen egal ist sieht man auch an der Reaktion die der Bahnvorstand Grube heute von sich gibt. Er fordert nun unverblühmt vom Land Baden-Württemberg das Mehrkosten des Projektes Stuttgart 21 das Land zahlen soll.
Nur so zur Erinnerung: Die Bahn AG ist per Eisenbahngesetz (AEG § 1 u 4) dazu verpflichtet, ihre Infrastruktur instandzuhalten!
Resüme:
Ich sehe den Volksentscheid für einen ersten Schritt in die direkte Demokratie. Allerdings hat genau dieses Ergebnis am Wochenende uns auch klar gemacht das ein Quorum in dieser Höhe bzw. überhaupt keinen Sinn macht wenn man es ernst damit meint. Hier muß von Seiten und im Interesse aller Parteien im Land dringend nachgebessert werden! So ist es, egal bei welchem Entscheid, einfach nur lächerlich und wenn wir ehrlich sind auch rausgeschmissenes Geld.
Das Ergebnis sehe ich als eine Niederlage des Widerstandes gegen dieses sinnlose Megaprojekt und Milliardengrab Stuttgart 21. Jedoch ist dies kein Weltuntergang oder irgend eine Rechtfertigung nun mit dem Widerstand aufzuhören!
Es entmutigt mich nicht, denn an Niederlagen wächst man und so bestärkt mich das in meinem weiteren Handeln für einen vernünftigen Bahnhof, für eine vernünftige, soziale und vor allem auch umweltfreundliche Stadtentwicklung zu kämpfen!
Ich möchte auch weiterhin den gesamten Schloßgarten mein nennen können. Unter uralten Platanen liegen können, im Wissen das die schon viele Generationen vor mir gesehen und geliebt haben!
Dabei stört mich absolut nicht ob da Züge vorbei rollen. Viel mehr stört da der Autolärm von der 6-8 spurigen, menschentrennenden Bundesstraße die das Idyll meines Schloßgartens enorm belastet!
In diesem Sinne: Oben Bleiben !!!
Vorläufige Ergebnisse der Volksabstimmung über das S 21-Kündigungsgesetz am 27. November 2011
Volksabstimmungsgesetz Baden-Württemberg (VAbstG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1984